Pokalwahnsinn im Sauerland 11FREUNDE

Publish date: 2024-12-13

Alles hatte so schön begonnen: Erst gewann die Spiel­ver­ei­ni­gung Erken­sch­wick im West­fa­len­pokal gegen den Viert­li­gisten Rot Weiss Ahlen im Elf­me­ter­schießen, in der nächsten Runde auch noch in glei­cher Weise gegen den SC Preußen Münster. In der fol­genden Runde des Lan­des­po­kals, im Vier­tel­fi­nale, sollten die Ober­li­gisten aus West­falen gegen den SV Rot-Weiß Erling­hausen aus der Lan­des­liga antreten. Sollte – denn das Spiel fand nicht wie geplant am 19. November statt. Grund für die mehr­mo­na­tige Ver­schie­bung: arge Sicher­heits­be­denken.

Doch der Reihe nach. Im Vor­feld wurde der SV Rot-Weiß Erling­hausen durch den Erken­sch­wi­cker Sicher­heits­be­auf­tragten Sven Hof­mann infor­miert, dass beim Spiel im hei­mi­schen Hans-Watzke-Sta­dion mög­li­cher­weise mit Aus­wärts­fans der Kate­gorie C“ zu rechnen sei. So klas­si­fi­zieren die Behörden in ihrer Gewalt­täter Sport“-Datei gewalt­tä­tige Fans. Nun gab es sei­tens der Erling­hauser Ver­ant­wort­li­chen Sicher­heits­be­denken: Könne man das Kon­zept der Polizei umsetzen, die mög­li­cher­weise gewalt­su­chende Horde aus Erken­sch­wick im Zaum zu halten?

Wie mit Erken­sch­wi­cker Mob umgehen?

In Erling­hausen hatte man offenbar ernst­hafte Zweifel daran, ob die eigene Sport­an­lage den Erken­sch­wi­ckern infra­struk­tu­rell gewachsen sei. Der Verein erklärte in einem State­ment, das Spiel auf­grund der mit­rei­senden, poten­ziell gewalt­su­chenden Aus­wärts­fans nicht wie geplant statt­finden zu lassen: Das eigent­liche Pro­blem ist eine kleine Gruppe von soge­nannten Kate­gorie C Fans aus dem Fan­spek­trum des Gast­ver­eins. Allein diese kleine Gruppe ist der Grund, warum aus Sicher­heits­gründen dieses Spiel in Erling­hausen nicht statt­finden kann.“ Aus ihrer Sicht gab nur zwei Optionen: Das Heim­recht tau­schen und das Spiel somit nach Erken­sch­wick zu ver­legen oder das Spiel im Heim­sta­dion ohne Zuschauer ver­an­stalten – und somit vor allem ohne die uner­wünschte Horde aus West­falen.

Der Verein ent­schied sich für die zweite Vari­ante. Ein Geis­ter­spiel im hei­mi­schen Hans-Watzke-Sta­dion (ja, tat­säch­lich ist Aki Watzke, Sohn von Hans Watzke, Vor­sit­zender des Ver­eins). Der Fuß­ball- und Leicht­ath­letik-Ver­band West­falen bestä­tigte die Auf­lage, keine Fans zu dem Spiel zuzu­lassen. Ledig­lich 45 nament­lich benannte Ver­eins­an­ge­hö­rige – inklu­sive Spieler und Trainer – sollten anreisen dürfen. Die Erling­hauser erklärten, sie würden die Anfor­de­rungen ansonsten infra­struk­tu­rell nicht bewäl­tigen können und baten den Erken­sch­wi­cker Mob, auch zum Geis­ter­spiel nicht ins Sau­er­land zu reisen.

Erken­sch­wi­cker: Bitte fahrt nicht nach Erling­hausen!

Denn der Aus­schluss der eigenen Fans sorgte in Erken­sch­wick nicht gerade für Begeis­te­rung. Ganz im Gegen­teil: Die Sport­ver­ei­ni­gung erklärt in einer Stel­lung­nahme, dass sich mög­liche Aus­schrei­tungen durch die Ent­schei­dung zugunsten eines Geis­ter­spiels jen­seits des Sta­dions ver­la­gern könnten: Auch Sicher­heits­tech­nisch sehen wir kei­nerlei Mehr­wert, son­dern eher eine Eska­la­tion der Lage. Die Wahr­schein­lich­keit, dass sich den­noch zahl­reiche Schwi­cker in Mars­berg ein­finden werden, ist sehr hoch. Nur eben nicht unter kon­trol­lierten Bedin­gungen im Sta­dion, son­dern außer­halb.“

Auch recht­lich wehrten sich die Erken­sch­wi­cker gegen die Ent­schei­dung des Fuß­ball- und Leicht­ath­le­tik­ver­bandes West­falen. Ihr Anwalt hatte vor dem Sport­ge­richt des West­deut­schen Fuß­ball­ver­bands Beru­fung gegen die Ent­schei­dung des Ver­bands­sport­ge­richts ein­ge­legt. Die For­de­rung der Spiel­ver­ei­ni­gung: Ein Spiel auf neu­tralem Boden mit Fans. Schließ­lich, erst einen Tag vor dem ange­setzten Geis­ter­spiel, der Erfolg für Erken­sch­wick: Die West­falen erzielten mit einer einst­wei­ligen Ver­fü­gung die Absage des geplanten Spiels.

Demar­ka­ti­ons­linie Arns­berg

In den nächsten Wochen setzte sich der Rechts­streit zwi­schen den beiden Ver­einen und dem Ver­band fort. Schließ­lich wurde Anfang Dezember in einer zwei­stün­digen münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Sport­ge­richt des West­deut­schen Fuß­ball­ver­bands ein Kom­pro­miss aus­ge­han­delt. Das Match zwi­schen Erling­hausen und Erken­sch­wick wurde auf den Kunst­ra­sen­platz des benach­barten und somit neu­tralen“ Mars­berger Die­mel­sta­dions ver­legt. Und auch die Geis­ter­spiel-Ent­schei­dung wurde gekippt. Mit einer bes­seren infra­struk­tu­rellen Aus­stat­tung war es den Anhän­gern aus Erken­sch­wick, Erling­hausen und Umge­bung wieder erlaubt worden, das Spiel zu besu­chen. Wenn auch unter strengsten und kurios anmu­tenden Sicher­heits­vor­keh­rungen.

Die Ver­eine durften jeweils nur 350 Tickets und nur per Vor­ver­kauf unter ihre Fans bringen. Dabei wurden die Ein­tritts­karten per­so­na­li­siert. Außerdem sollten von beiden Ver­einen Ordner gestellt werden, um die räum­lich von­ein­ander getrennten Fan­blöcke zu bewa­chen – und die mög­li­chen Gewalt­täter aus Erken­sch­wick im Auge zu behalten. Man bedenke: Es han­delt sich bei der Spiel­stätte um einen Neben­platz mit Kunst­rasen. In Erling­hausen wurden Ein­tritts­karten, sofern der Käufer kein Ver­eins­mit­glied ist oder dem Verein im Vor­feld nament­lich bekannt war, nur an Per­sonen mit Wohnort öst­lich von Arns­berg ver­kauft. Mit Hilfe dieser Linie, die Erken­sch­wick und Erling­hausen auf etwa glei­cher Strecke von­ein­ander trennt, wollten die Sau­er­länder sicher gehen, dass keine Erken­sch­wi­cker das Erling­hauser Ticket­kon­tin­gent aus­schöpfen, so die Erklä­rung.

Erneute Absage, neuer Termin und alte Auf­lagen

Schließ­lich einigten sich die Ver­eins­ver­treter auf eine neue Ter­mi­nie­rung. Am 29. Januar sollte der Pokal­k­ra­cher statt­finden. Sollte – denn wieder wurde die Partie vom Pokal­spiel­leiter abge­sagt. Diesmal waren nicht etwa gewalt­be­reite Anhänger der Grund, son­dern schlichtweg das Wetter. Es lag zu viel Schnee im Sau­er­land.

Nach diesen beiden Pleiten soll das Spiel nun end­lich am 15. März statt­finden – mitt­wochs um 19.30 Uhr. Viel­leicht gelingt also der dritte Ver­such. An zu lockeren Sicher­heits­vor­keh­rungen kann es nicht mehr schei­tern – die bleiben näm­lich für die Erling­hauser und beson­ders für den Erken­sch­wi­cker Mob bestehen.

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